Diese Meldung ist vom 10.03.2003.
Möglicherweise sind die Inhalte nicht mehr aktuell. Unsere aktuellen Meldungen finden Sie hier.

"Verbrannte Dichter"

Presse 10.03.2003

"Gegen Dekadenz und moralischen Verfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner." Mit derartigen "Feuersprüchen" ...

"Gegen Dekadenz und moralischen Verfall! Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser und Erich Kästner." Mit derartigen "Feuersprüchen" wurden am 10. Mai 1933 vor der Berliner Staatsoper die Werke vieler namhafter deutscher Schriftsteller auf einem riesigen Scheiterhaufen verbrannt.

Am Dienstag, 1. April rezitiert Gabriele Droste im Rahmen der Reihe "Literatur im Glashaus" Texte der "verbrannten Dichter". Begleitend zu dieser Veranstaltung und anläßlich des 70. Jahrestages der Bücherverbrennung hat die Stadtbibliothek die Werke vieler im Dritten Reich verbotener Autorinnen und Autoren zu einer Buchausstellung zusammengefaßt und dazu ein Literaturverzeichnis erstellt.

Darin sind einerseits so bekannte Schriftsteller wie Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Erich Maria Remarque oder Franz Kafka zu finden. Aber auch weniger bekannte Namen wie Egon Friedell, Claire Goll, Erik Reger oder Klabund tauchen auf. Die Bücher der verbotenen Autoren wurden aus Bibliotheken, Buchhandlungen und Verlagen entfernt. Die Gründe für ein Verbot waren vielfältig, sie reichten von dem Etikett "jüdischer Autor" über den Vorwurf des "volksfremden Journalismus" bis hin zur "Verhunzung der deutschen Sprache". Verboten wurde alles, was den neuen Machthabern nicht paßte.

Viele Literaten gingen ins Exil, manche kehrten nie zurück: Ernst Toller erhängte sich in New York, Kurt Tucholsky beging Selbstmord in Schweden, Else Lasker-Schüler starb verarmt in Jerusalem, Oskar Maria Graf zog es vor, auch nach 1945 im amerikanischen Exil zu bleiben. Die nachhaltige Wirkung des Verbots durch die Nazis zeigt sich aber auch darin, daß viele dieser Schriftsteller heutzutage kaum noch im Bewußtsein der deutschen Öffentlichkeit zu finden sind.

Mit der Ausstellung möchte die Stadtbibliothek die vergessenen Autorinnen und Autoren wieder publik machen. Die selbstverständlich entleihbaren Romane und Sachbücher befinden sich bis Ende Mai in der Romanabteilung im 2. Obergeschoß der Stadtbibliothek. Dort liegt auch das Literaturverzeichnis aus, das ansonsten von der Homepage der Stadtbibliothek: www.glashaus-herten.de heruntergeladen werden kann (Seite "Literatur- und Medienverzeichnisse").