Geschichtliche Entwicklung der Stadt Herten - von der Landgemeinde zur Stadt

1050 - Erste urkundliche Erwähnung

Um 1050 wurde Herten erstmals als "Herthene" in einem Heberegister der Abtei Werden an der Ruhr genannt. Während des Mittelalters gehörte Herten zum Kurfürstentum Köln.

Das Schloss Herten diente fast 300 Jahre als Residenz der Statthalter des kurkölnischen Vestes.

Altes Rathaus 1903 an der Kaiserstraße (Heute: links Rathausgalerien, rechts: Rathaus)

1857 - Herten wird selbständige Landgemeinde

Von 1844 bis 1856 war Herten selbständige Landgemeinde im Amtsverband Recklinghausen. Nach der Abtrennung im Jahre 1857 erhielt Herten eine eigene Verwaltung. Graf Felix Droste zu Vischering von Nesselrode-Reichenstein stellte zunächst das Renteigebäude des Hertener Schlosses für die Verwaltung des Amtes Herten zur Verfügung. Einige Jahre später diente das gräfliche Haus an der Hermannstraße / Ecke Kaiserstraße als Verwaltungssitz, ehe 1892 das erste verwaltungseigene Amtshaus an der Kaiserstraße 20 (heute Kurt-Schumacher-Straße) errichtet wurde.

Zeche Schlägel & Eisen I/II in Disteln (vermutlich vor dem 1. Weltkrieg)

1872 - Der Bergbau hält Einzug

Bis etwa 1870 hatte das Stadtgebiet ein dörflich-ländliches Gepräge. Der Einzug des Steinkohlenbergbaus im Jahre 1872 löste eine rasante Entwicklung aus und die Bevölkerungzahl stieg sprunghaft an. Es entstanden zahlreiche Bergarbeitersiedlungen verschiedener Stilrichtungen und Epochen. Noch heute ist die um 1910 erbaute Gartensiedlung in Bertlich in ihrer Struktur erhalten.
Mit dem ersten Spatenstich zum Schacht I der Zechenanlage Schlägel & Eisen am 01. Juni 1874 begann für Disteln eine stetige Entwicklung von der Agrar- zur Industrielandschaft. Nach Abteufen des zweiten Schachtes im Jahre 1890 setzte ein gewaltiger wirtschaftlicher Aufschwung des Bergbaus ein, so dass in Langenbochum, Scherlebeck und Herten-Süd weitere Schächte angelegt wurden.

Die ersten Zechenarbeiter kamen aus Herten und der näheren Umgebung. Mit dem gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung des Bergbaus Ende der achtziger Jahres des 19. Jahrhunderts reichte das Arbeitskräfteangebot der Umgebung nicht mehr aus. Es wurden gezielt Arbeitskräfte angeworben. Sie kamen hauptsächlich aus den deutschen Ostgebieten. Aber auch viele Ausländer, vor allem Polen, Tschechen und Slowenen sind nach Herten eingewandert. Die Einwohnerzahl stieg bis 1926 weit über das dreißigfache. Herten wurde zu einer der größten Bergbaustädte Europas.

Straßenbahndepot 1935

1901 - Die erste Straßenbahn in Herten

Um ausreichend Wohnraum für die vielen Zuwanderer zu schaffen, war die Wohnungsbautätigkeit um die Jahrhundertwende sehr rege. Die sanitären Verhältnisse waren anfangs primitiv. Es gab bis 1896 keine Trinkwasserversorgung und keine Kanalisation. Zum Abfließen der Abwässer dienten offene Abzugsrinnen.

Bramhügelplatz, Blick in die Ewaldstraße, 1907

Im Jahre 1882 wurde in Herten erstmalig eine Straßenbeleuchtung - vier trübe Petroleumlaternen - eingeführt. Ein gewaltiger Fortschritt war der Bau einer 'Gasanstalt'. Sie entstand an der Herner Straße auf dem heutige Gelände der Hertener Stadtwerke GmbH und wurde am 29. September 1900 eröffnet.

Am 10. Mai 1901 fuhr dann die erste Straßenbahn durch Herten und löste den Pferde-Omnibus ab, der bis dahin einziges öffentliches Verkehrsmittel war. Weil es zur Zeit der Gründung der Straßenbahngesellschaft in Herten noch keinen Strom gab, musste eine Kraftstation für die Stromerzeugung gebaut werden. Der Betriebsbahnhof befand sich im Hertener Süden.

1926 - Erste kommunale Neugliederung

Postkarte vom Gasthof "Distelner Hof"

Durch das Gesetz zur kommunalen Neuregelung im rheinisch-westfälischen Industriegebiet wurden zum 01. April 1926 die Bauernschaften Ebbelich, Disteln, Langenbochum und Scherlebeck aus dem Amt Recklinghausen herausgelöst und Herten angegliedert. Die Einwohnerzahl stieg dadurch von 14.991 auf 35.500, das Gemeindegebiet vergrößerte sich von 1.500 auf 2.900 Hektar. Der Gemeinde Herten im Kreise Recklinghausen, die durch ihre Einwohnerzahl und die Größe ihres Gebietes, durch ihre wirtschaftliche Bedeutung und die dadurch bedingte berufliche Gliederung und Wohnweise ihrer Bürger, durch ihre Verkehrslage, ihre kulturellen und sozialen Einrichtungen städtisches Gepräge besitzt, verleihe ich hiermit aufgrund des § 9 der Deutschen Gemeindeordnung das Recht, die Bezeichnung Stadt zu führen.

1936 - Herten erhält Stadtrechte

Urkunde über die Verleihung der Stadtrechte

Die Stadtrechte bekam Herten am 20. April 1936. Die Rechte wurden verliehen, da die "Gemeinde Herten im Kreise Recklinghausen durch ihre Einwohnerzahl und die Größe ihres Gebietes, durch ihre wirtschaftliche Bedeutung und die dadurch bedingte berufliche Gliederung und Wohnweise ihrer Bürger, durch ihre Verkehrslage, ihre kulturellen und sozialen Einrichtungen städtisches Gepräge besitzt".

Im Zusammenhang mit der Verleihung der Stadtrechte wurde am 8. Juni 1936 auch das Recht zur Führung eines eigenen Stadtwappens durch den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen verliehen. Nach eingehenden Verhandlungen mit dem Staatsarchiv zu Münster und mehreren Heraldikern hatten sich Bürgermeister und Ratsherren am 30. April / 02. Mai 1936 für ein Wappen entschieden. Das heutige Wappen geht auf ein Siegel des Gerlach van Herten aus dem Jahre 1392 und das Wappen von Westerholt zurück.

Im oberen Feld ist ein silbernes Hirschgeweih im grünen Feld abgebildet. Es deutet auf den Ursprung des Namens hin - 'hert' bedeutete im Mittelniederdeutschen 'Hirsch'. Bei der roten Rose im linken unteren Feld konnte bis heute ein historischer Bezug nicht nachgewiesen werden. Vom Staatsarchiv Münster wird die Auffassung vertreten, dass es sich keinesfalls um eine 'lippische' (aus der ehemaligen Grafschaft Lippe), sondern schlicht um eine 'heraldische' (der Ausschmückung dienende) Rose handelt.
Im Zuge der kommunalen Neugliederung 1975 wurde das Hertener Stadtwappen im unteren rechten Feld um ein geschachtes Symbol ergänzt, das aus dem Wappen der Herren und späteren Grafen von Westerholt entnommen ist.

1975 - Städteehe zwischen Herten und Westerholt / Bertlich

Bürgermeister Hans Senkel (Stadt Herten), Bürgermeister Franz Czernik (Stadt Westerholt), Stadtkämmerer Heinz Pickmann (Stadt Herten), Stadtdirektor Hans-Ulrich Stanke (Stadt Herten), Stadtdirektor Heinz Wiese (Stadt Westerholt) (v.l.)

Durch den Flüchtlings- und Vertriebenenzustrom nach dem Zweiten Weltkrieg und der Anziehungskraft des Bergbaus stieg die Einwohnerzahl bis 1960 auf 53.000. Am 1. Januar 1975 erfolgte dann im Rahmen der kommunalen Neugliederung die Vereinigung mit der Stadt Westerholt und dem Polsumer Ortsteil Bertlich zur heutigen Gesamtstadt Herten.

Schon 1970 setzten sich die Politiker mit der vom Land geplanten kommunalen Neuordnung auseinander, die den Zusammenschluss Herten/Recklinghausen und Westerholt/Gelsenkirchen vorsahen. Letztendlich sollten größere und stärkere Verwaltungseinheiten entstehen. Weder Herten noch Westerholt wollten aber von den großen Partnern Recklinghausen und Gelsenkirchen "geschluckt" werden, doch allein hätten sie nicht überlebt.

Eine schwierige Verlobungszeit begann und die damaligen Kommunalpolitiker mussten viel Verhandlungssgeschick zeigen, bis es zur Eheschließung kam.

Am 26. März 1973 war es dann soweit: Der Gebietsänderungsvertrag zwischen der Stadt Herten, der Stadt Westerholt und der Gemeinde Polsum wurde unterzeichnet und trat am 01.01.1975 in Kraft. Der genaue Wortlaut des Gebietsänderungsvertrages besagte: "Die Stadt Herten ist mit Inkrafttreten der Neugliederung Rechtsnachfolgerin der Stadt Westerholt. Die Regelung tritt mit dem Neugliederungsgesetz für das Ruhrgebiet in Kraft."

Heute hat Herten mit den Ortsteilen Westerholt und Bertlich eine Flächengröße von 37,31 Quadratkilometern und zählte zum Stichtag 31. Dezember 2000 genau 67.191 Einwohner.

(Fotos: Stadtarchiv Herten)

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